Auszug aus: Stebler F.G., „Die Vispertaler Sonnenberge", Jahrbuch der Schweiz, 56. Jahrgang, Schweizer Alpenclub, Bern, 1921          Inhaltsverzeichnis

Das Volk, wie es denkt und spricht.

Denkart. - Schule. - Schulhäuser. - Lesestoff. - Wissbegierde. - Sparsamkeit. - Unterhaltung (Gotwärgi, Botzen, Gratzug, Hexen,Schwarzkünstler). - Kartenspiel. - Sang und Klang. - Schützenzunft. - Hergottstag. - Freudenfeuer. - Sprache. - Lokalausdrücke. - Redensarten. - Sprichwörter. - Volkspoesie.

Der Oberwalliser Bergbewohner gleicht in mehrfacher Hinsicht, physisch und intellektuell, dem Bewohner des Berner Oberlandes und der Urkantone. Seine Denkart ist aber infolge der Abgeschiedenheit noch einfacher und noch ursprünglicher als bei diesen. Der Gesprächsstoff dreht sich im Volke hauptsächlich um den Viehstand, seinem fast ausschliesslichen Erwerb, mit dem er von Jugend auf verwachsen ist. Schon in den ersten Lebensjahren sind die Haustiere dem Kinde das einzige Spielzeug.

Der erste Zehenknochen des Rindes stellt das «Schwintji» (Schweinchen) dar, das zweite Glied ist das «Stierli», das dritte das «Chueli» und das entsprechende von einem Maultier ist die «Ringkuh». Aus Holz wird ein Ross gemacht, und die dürren, aufgegangenen Rottannenzapfen stellen die Schäfchen [Die Tannzapfen werden deshalb «Bäje» genannt, was soviel als Schäfchen («Bäh») bedeutet, herrührend von dem Geplär («Bäh, Bah») der Schafe] dar. Sobald das Kind dem Vieh nachgehen kann, erstreckt sieh diese Liebe auf die lebenden Tiere.

So wird dem Kinde gleichsam mit der Muttermilch die Liebe zum Vieh eingeimpft. Zum Schutze werden den Kindern, sobald sie gehen können, Fallkappen (Fig. 103) aufgesetzt.

Fig. 103. Kind mit Fallkappe (Beulenhappe).

In den Bergdörfern des Wallis dauert die Schule nur sechs Wintermonate, vom 1. November bis 1. Mai. Die Sommermonate bringt die Jugend ohne Schule in der freien Natur zu. Schon gegen Schluss des Schuljahres, wenn die Vegetation zu erwachen beginnt, sind die Gedanken des Kindes mehr auf Wiese und Feld, im Wald und auf der Weide als in der Schule. Im April lernt es auf der Schulbank wenig mehr, wenn der Lehrer nicht ganz energisch dahinter ist. Ist die Schule im Frühjahr zu Ende, so wird über den ganzen Sommer kein Schulbuch mehr zur Hand genommen, und ein grosser Teil des im Winter Erlernten wird verschwitzt. Wenn dann im Winter die Schule wieder beginnt, so hat der Lehrer bis zu Neujahr mit der Repetition des im vorhergehenden Winter Erlernten zu tun. So bleiben nur noch drei Monate für die Behandlung neuer Aufgaben. Wenn der Schüler von der Volksschule ganz entlassen ist, so werden beim gewöhnlichen Volk Bücher, Feder und Tinte auf Jahr und Tag beiseite gelegt, und alles in der Schule Gelernte wird vergessen, bis die Jünglinge durch den Militärdienst wieder aus ihrem Schlendrian aufgerüttelt werden. Kein Wunder, wenn man besonders ältere Leute findet, die kaum lesen und schreiben können, trotzdem sie intelligent sind.

In allen drei beschriebenen Bergdörfern befinden sich neue, zweckmässig eingerichtete Schulhäuser (Fig 104). Trotz der beschränkten Schulzeit gibt es unter den Bergbewohnern wirkliche Naturgenies. Die Literatur der Bauernstube besteht meist aus einigen Gebetbüchern, dem Katalog des Warenhauses Jelmoli in Zürich. Von Kalendern ist der Zuger beliebt. Die verbreitetste Zeitung ist der Walliserbote; ich sah aber auch die Schweizer Wochenzeitung, die Emmenthaler Nachrichten, die Zürcher Nachrichten, den Briger Anzeiger und den Walliser Volksfreund.

Fig. 104. Kirche und Schulhaus In Zeneggen, Südansicht.

 

Das Volk ist wissbegierig, oft naiv neugierig und kann es nicht verstehen, wenn ein Fremder unter der Woche auf den Berg kommt. Ein Törbler fragte mich neugierig: «Was schaffet err? Wo schlaffet err?»

Die Leute sind meist sparsam; diese lobenswerte Tugend grenzt sogar öfters an Geiz, worüber manches Müsterchen erzählt wird.

Eine alte Frau erhielt Besuch von einem Verwandten und holte demselben ein kleines Krüglein (einen Halbschoppen) Wein mit der Ermahnung: «Jetz trink Gotte gnuag, i git der's vo Härze gärel»

S'Erbji Petschl, ein alter Bauer, hing einen Riemen Speck über dem Esstisch auf, so dass er ihn mit der Nase riechen konnte. Aus Geiz ass er aber nicht davon, sondern sagte zu sich selbst: «Schmecke muesch es, aber han nit!»

Der gesellschaftliche Verkehr beschränkt sich gewöhnlich auf den Kirchenbesuch und auf die Zusammenkünfte im Gemeindehaus oder auf dem öffentlichen Platz nach dem Gottesdienst. Im Winter, wenn die Abende länger sind - von St. Moritz (22. September) bis St. Joseph (19. März) - gehen die Nachbarn oft zusammen «z'Abesitz» und zum «Hengerten» und erzählen wohl auch Geschichten von den Gotwärgeni, den Botzen, den Hexen und Strideln und andere Schauermären, wovon wir bereits eine Anzahl kennengelernt haben. Die Gotwärgeni waren ein kleines, energisches Volk («chlini, aber räschi Lit»), das in alter Zeit in den Felsenklüften wohnte. In Törbel hausten sie in den Felshöhlen «auf dem Schopf», oberhalb der Alp Bifigen und waren in «drei Sprüngen» im Dorf, wo sie den Bewohnern allerlei Gutes erwiesen. Im 16. Jahrhundert, so erzählte mir der Alphirt von Bifigen, seien sie vertrieben worden. Aber noch heute sei in der Höhle ein goldenes «Wagji» (eine goldene Wiege) verborgen. Es ist aber bisher noch niemandem gelungen, das Kleinod zu finden, denn in der Höhle ist es «fister» (finster).

Gerade das Gegenteil von dem der Gotwärgi war das Verhalten der B o t z en. Der Botz ist der böse Geist, der die Menschen belästigt oder ihnen Schaden zufügt. Ein solcher Botz haust beispielsweise in der untern Stube der alten Hütte in der Rindermatten (Fig. 105) in Törbel. Wenn jemand sich daselbst hinter den Ofen legt, um auszuruhen, so wird er vom Botzen heraus«geschmeizt».

Fig. 105. Voralp Rindermatten, oben Kapelle St. Anton.

In dem Stall «auf der Schratt» quälte der Botz über Nacht das Vieh. Oft waren am Morgen zwei Kühe an einer Kette. Alles Beten half nichts, deshalb wurde der Stall abgebrochen und an einer andern Stelle wieder aufgebaut. Seither hat das Vieh Ruhe.

Wie im ganzen Oberwallis, hat man auch hier den Gratzug gesehen - die Wanderung der Verstorbenen über Berg und Tal. Wer einem solchen «Volch» in den Weg kommt, wird von einer gefährlichen Krankheit befallen. Mein Gewährsmann begegnete einmal auf der Voralp im «Bifig» einem solchen «Totevolch». Auf einmal spürte er einen Druck am Fuss, als ob er einen Stein im Schuh hätte. Er zog Schuhe und Strümpfe aus, fand aber nichts. Zu Hause angekommen, konnte er nicht mehr gehen, bekam eine Wunde am Fuss und musste zwei Monate das Bett hüten.

Ein «Volchweg» (Weg des Gratzuges) geht von Hofstetten über die Bine, das Schallenbord, Zen Springen, über den alten Weg nach dem Eischbühl, über Niwen, nach der Schwendi (hier zwischen Hütte und Stall durch), Eschistafel, Bifigen, Rotfluhwald und weiter nach Emd. Ein Mann, der beim Vorbeigehen des Zuges in der Bine am Wege gesessen hatte, wurde lahm. Im nächsten Jahre war derselbe zu gleicher Zeit an der gleichen Stelle, als ein Fremder auf einem Pferde vorbeiritt. Der Fremde erzählte, er hätte vor einem Jahre hier einem Mann eine Nadel ins Knie gestossen und müsse sie nun wieder herausnehmen. Voll diesem Tage an war der Lahme wieder gesund.

Im Liechtbiel auf dem Gebiet von Stalden, gerade gegenüber Törbel, wohnte eine Hexe. Während sie die Butter über dem Feuer hatte, um Suppe zu kochen, ging sie geschwind nach Mailand, Zwiebeln zu holen. Sie wurde der Hexerei angeklagt. Als man sie zum Verhör holte, war sie im Gebet hinter dem Ofen mit einem «Bätti» (Rosenkranz) aus «Geissflagle» (Ziegenbohnen) in den Händen. Sie erklärte: «Jetzt treffet er mi am e guete Werch!» Die Hexe wurde verbrannt.

Ein Schwarzkünstler («Chistler»), deren es früher viele gab, kam eines Tages mit einem Saum Wein die Talstrasse von Stalden nach «Kalfatra» (Kalpetran) herauf. Auf der andern Talseite, jenseits der Vispach am Liechtbiel, mähte ein Bauer. Diesem nahm der «Chistler» die «Wetzi» (Schärfe) von der Sense, so dass der Mann nicht mehr mähen konnte. Der Bauer war aber auch ein «Chistler» und stellte dem Säumer das Pferd, so dass dieser nicht mehr vorwärts konnte. Er musste mit dem Saum umkehren, über die Chinbrücke bei Stalden auf die andere Seite des Flusses, bis hinauf zum Mähder, um diesen mit einem Trunk Wein zu versöhnen; erst dann konnte er wieder vorwärts, nachdem er einen Umweg von mehr als einer Stunde gemacht hatte.

Nicht selten frönt man an den «Abesitzen» dem Kartenspiel. Beliebt ist dabei das «Zwicken», im Kanton Bern «Bethlen» genannt.

Die Zenegger, besonders die Familien der Kenzelmannen und -weiber, sind ein sangeslustiges Volk und an Sonntagen, wenn sie von der Hellelen heimkehren, hört man oft herrliche Weisen, die von Berg zu Berg erschallen. Zwar ist der Gesang nicht jedem gegeben. Der alte Moritz im Blatt «tuet nit singe und tuet nit grine, er tuet so en Bitz was Gott will!" Wenn er Verdruss hat, so tut er «pfiffen» (pfeifen).

In Zeneggen besteht auch eine Schützenzunft, ähnlich wie die in Visperterminen [Vgl. Ob den Heidenreben, 1901, S. 98.], nur ist sie weniger zahlreich, und die Schützenbrüder schliessen sich mehr ab. Sie hat einen eigenen Weinberg. Die Zunft zählt nur 14 «Brüder». Die Mitgliedschaft geht unentgeltlich vom Vater auf den Sohn über. Wenn keine männlichen Nachkommen vorhanden - sind, so verfällt der Anteil der Kirche; der Pfarrer liest dafür einige Seelenmessen. Die Mitgliedschaft kann auch erworben werden durch Einkauf; die Einkaufsumme beträgt 2-300 Franken, je nach der Beliebtheit des Kandidaten. Die Schützenzunft versammelt sich jeweilen im Sommer am Sonntagnachmittag nach der Vesper, etwa sechs- bis siebenmal, auf der Schützenloibe, einem kleinen Hause in der Schalbmatte, das zu ebener Erde den Keller und im ersten Stock das Zunftlokal mit dem Schützenstand enthält (Fig. 106). Jeder Schützenbruder bekommt bei diesem Anlass etwa 10 Becher Wein, ein Pfund Brot und ein halbes Pfund Käse.

Fig. 106. "Schützenloibe" in Zeneggen.

 

Die V o l k s f e s t e sind mehr kirchlicher Art. Das grösste kirchliche Fest findet am Hergottstag (Fronleichnam) statt. Es ist ein kirchliches Frühlingsfest mit starkem, weltlichem Einschlag. An verschiedenen Stellen der Gemeinde werden prächtig geschmückte Altäre errichtet, zu welchen vor dem Gottesdienst eine Prozession der ganzen Gemeinde stattfindet. Voraus im Zuge schreiten Trommler und Pfeifer, begleitet von Militär und Trommlern; dann folgt das Volk mit Kreuz und Fahne, dem Baldachin und den Heiligtümern und Kleinodien der Kirche. Die Frauen setzen den Walliserhut auf, mit den schönsten gestickten, seidenen Bändern, die Mädchen werden in Weiss gekleidet und mit einem Kränzchen im Haar geschmückt (Fig. 107). So zieht die fromme Schar mit Gebet von Altar zu Altar, wo der Geistliche den Segen spendet. Daneben ertönen fast ununterbrochen Böllerschüsse mit dutzendfachem Echo. In gleicher Weise tönt es von den gegenüberliegenden Bergen, von Visperterminen, von Grächen, Staldenried und vom Tale herauf. Nach dem Umzug zieht das Militär unter militärischem Befehl mit Trommelschlag und Musik in die Kirche ein, dass die Wände erzittern und der andächtige Gläubige aus seinen frommen Gefühlen förmlich aufgeschreckt wird.

 

Fig, 107. Festlich geschmückte Kinder am "Hergottstag" in Zeneggen.

 

An den Vorabenden vom St. Johannistag (24. Juni) und St. Peter (29. Juni) und am schweizerischen Bundesfest (1. August) werden auf den Höhen grosse Freudenfeuer angezündet.

Die Sprache des Volkes ist ein schwerverständliches Walliserdeutsch. Der Dialekt wechselt fast von Dorf zu Dorf. Noch verschiedenartiger ist er in den verschiedenen Talschaften und Bezirken. Die «innersten Matter» (Zermatter) und die obersten «Gommer» haben früher einander nicht verstanden, wenn sie in ihrem Dialekt redeten, so verschieden war die Sprache. Auch heute noch kann ein Ausserschweizer dem Gespräch nicht folgen, wenn sich zwei Einheimische in ihrem Dialekt unterhalten. Die besser geschulten, jüngern Leute und diejenigen, die auswärts waren, haben eine allgemeiner verständliche Sprache und versuchen es sogar, mit dem Fremden hochdeutsch zu reden. Hie und da spricht einer sogar französisch, auf den Bergen droben seltener als in den grössern Ortschaften im Tale. Im Rhonetal unten hat die französische Sprache so rasche Fortschritte gemacht, dass z. B. Siders, Leuk, Visp und Brig nach und nach ganz verwelscht werden. Einige Bergbewohner, die längere Zeit in «Makana» (Macugnaga) waren, sprechen italienisch. Allgemeiner ist die Kenntnis des Italienischen aber im Saas, da die Bewohner, früher mehr als heute, über den Monte Moro mit Makana in ständigem Verkehr waren und viele in Italien Sommerstellen annahmen. Viele Saaser haben sich in Makana niedergelassen und haben sogar ihre Namen italienisiert (z.B. Zurbriggen = Delponte). Wenn auch die grossen Ortschaften im Rhonetal nach und nach ein welsches Gepräge annehmen, so wird das Walliserdeutsch in den Bergdörfern stets sein altes, alemannisches Heimatsrecht behaupten.

Die Sprache des Volkes an den Vispertaler Sonnenbergen ist weich. Das Ch z. B. in Chuchi hört sich fast wie sch an. Charakteristisch sind die Endungen u, a, ot statt e, en und et.. Wischu und Wäschu, Gigu, Gigu nit vergebu, Chäs und Brot derrnäbu; i has lätsch verstannu (= ich habe es falsch verstanden); grächot (= gerichtet, bereitgemacht); statt is hat man die Endung us (Chabus Chabis); statt au spricht man oi (Loib = Laub, Boim = Baum, Hoit Haupt, choifen = kaufen); statt m setzt man b (bit = mit, i chume bit, Terbinen = Terminen), statt d = b (Riebfluh = Riedfluh), statt ü = i, ie (mied = müde), statt ö = e, statt s = sch (schi = sie, Lisch = Lüs, Läuse, beesch = böse, er isch en Beesche, Eschelboden = Eselboden, insche Franz = unser Franz). Das r wird doppelt ausgesprochen und zur Verstärkung oft noch ein e eingeschoben (Terrog = Trog, Terropf = Tropf, was saget err? Sit der ammum zarrugg? = seid ihr wieder zurück?). Für kleinere Gegenstände und solche in der Mehrzahl wendet man die Endung i oder ji, ti, schi an (es Hundschi = ein Hündchen, es Munzi = ein Kuss, Bantli = ein halb gewachsener Bub, es Wibji = ein Weiblein, es Mannji = ein Männlein, Wägelti = Fusspfad, es Bubji = ein Büblein, es Meitji = ein Mädchen, Biezeni = Bremsen, Bladeni = Raupen, Härderni, Chärderni, Chirderni = Regenwürmer, Chräjeni = Krähen, Rabbeni = Raben, Rähgeni = Häher, Guetteni = Süssigkeiten). 

Zahlreich sind die L o k a l a u s d r ü c k e, z. B.: fläth = sauber, berahmt = berusst, beschissen = beschmutzt (gat uf d'Site susch werdet er beschisse!), galt = brach, malm = mild, notweders = keines von beiden, schäps = schief, verscheissti = wählerisch (er ist nit verscheissti), zudlen = langsam machen, antere = nachahmen, chorren = versuchen, fuchte = schimpfen (d'Gotta fuchtet), hasensinnig. = kurzes Gedächtnis, en Chlupfhans = ein Hasenfuss, cheiste = keimen, trifere = jäten, es Ghusi = eine alleinstehende, selbst haushaltende Person, rellen = schwatzen, tischen = wechseln (er hat sich getischet = er hat die Kleider gewechselt), Schwieher = Schwiegermutter, Schwäher = Schwiegervater, Gschwia = Schwägerin, Schnurre = Schwiegertochter, Baschi und Vetter = Geschwisterkinder, Muhme = Tante, Ettere = Oheim. Die Eltern heissen Vater und Mutter (Papa und Mama gibt es am ganzen Berg nur zwei), Schgätterata = Gewitter (s'Wätter isch no nit rätsch, es tuet a so umhä näblutschu [nebeln] und firschi git-s-no am Abig am-mum [wiederum] ~ Schgätterata), Chleuwa = Grannen beim Getreide, Trätscha = Flechte, es Grigel = ein Skelett, es Pläger = ein fauler, böser Mensch, dummi Pläger = dumme Gänse, Gläff = Maul (die Chueh hat es grosses Gläff), Zänne = Mund (er hat mit der Zänne s'Glas verbissu), Erdbidem = Erdbeben, Spilteni = Spass, Grittelä = zweigipfeliger Baum, Tampa - eine dumme Weibsperson, Nohl = Idiot (du bisch a Nohl), Brunz = Kochtopf aus Erz, Chalbertruch = kuhwarme Milch, Bretschele = Tragriemen, Tschiffere = Rückenkorb, Bäje = Tannenzapfen, en Bätsch = ein Haufen, Ouwand Weide, es Lusi = ein altes Talglicht, Lusentotz = Fuss vom Lusi. Die Wochentage heissen: Sunntag, Mentag, Zistag, Mitwuch, Frontag, Fritag, Samstag.

Redensarten: Er isch en schlimme Tifel = er ist ein gescheiter Mensch; wir gehn an Törbel = wir gehen nach Törbel; i ha gedäicht = ich habe gedacht; welles Giri! = welcher Geier! Er het lutter bari Stumppe = er hat lauter kurze Bleistifte; er het gueti Gegewart = er ist schwindelfrei; en spitze Weg = ein schwindliger Weg; i ga go seijo = ich gehe zum Säen; dir sit en Tratzgeist = Sie sind ein Neckgeist; er isch en fine Heer = er ist ein netter Herr; es gebringt sich nit = es lohnt sich nicht; der Franz isch en grächte, tolle, flotte, grade Ma; es siedet wie Chuchi; er hat gletscherchalte Händ; vielets dich? ist es dir zu viel? es vielet mir = es ist mir zu viel; er tricht wie-n-es Biezi er trinkt wie ein Kesselflicker (Biezi); rühmet der Goich, so schaffet er oich; mi muess s'Färli bschaue, nit der Terrog, sagt man von einer dicken Frau, die klagt; er tuet s'Mannji mache = er hat Grössenwahn.

Sprichwörter

Wenn niht me im Chännel ist, so hört es uf! (d. h. wenn man zu alt ist, so kann man nicht mehr arbeiten.) «Der macht no's Chritz dur d'Welt!» (Er macht zweimal kreuzweise die Reise um die Welt, sagt man von einem, der sehr viel schafft.)
Da, wo es alts Wib der Chopf setzt,  Dene mag es en Stier nimme umdreihe!   Schi het d'Vesper vor dem Amt! (der Unterrock ist länger als der obere). 
Wenn ma will i d'Berge ga, Muess me scheeni Stäcka ha.  «Der Gwinner (im Prozess) verliert der Rock, der Verlierer noch das Hemd drzue.»
Durch Erbe rich cho cha-n-en Narr bit sibe Chröpfe.  Wenn me will go Vogle fan, Muess me nit z'erscht in d'Stude schlan. 
Nessle müessent jung brennu, Alt brennuntsch nit meh! Wi (Wein) redt, Chäsmilch redt nit!
Sparen oder nit ha.

 

Volkspoesie

Bubji trink nit so viel Wi, 

S'Geld muess verdienet si.

 

Hina nit, aber more z'Nacht 

Chunt isch de Giger, 

Tanzet nit die Meitleni, 

So tanzet di alte Wiber.

 

Wi tanzet denn die 'Meitleni? 

Wi di Gige Seitleni. 

Wi tanzet denn die alte Wiber?

Wi en alte Chue di biset.

 

Wi tanzet denn die junge Bueba? 

Wi di Hobschla i der Grueba. 

Wi tanzet denn die alte Manne? 

Wi en alte zerrissene Pfanne.

Der, wo Geld hett, 

Cha i s'Wirtshus ga, 

Der, wo keis hett, 

Der cha vorne stah.

 

Ledige Lüt, lustige Lüt, 

Gseht me schi nit, 

So ghört me schi witt.

 

E luschtige Bub, brucht bald es Paar

Schue,

E trurige Narr, hett lang a-n-em Paar.

 

Der, wo Geld hett, Cha-n-es Meitji küsse, 

Der, wo keis hett, Cha die Schnurre wische.

 

Der, wo Geld hett, Chauft en neue Hut, 

Der, wo keis hett, Dem isch der alte guet.

 

Kinderreim

En Geiss und en Gitz,

Die Predigt ist afan Bitz.

Ae Chua un es Chalb,

Die Predigt ist halb. 

En Chatz und a Mus, 

Die Predigt ist us.

 


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