Auszug aus: Stebler F.G., „Die Vispertaler Sonnenberge", Jahrbuch der Schweiz, 56. Jahrgang, Schweizer Alpenclub, Bern, 1921          Inhaltsverzeichnis

 

Feldbau  -  Korn und Brot.

Anbauverhältnisse. - Das Korn. - Die Brachwirtschaft. - Saat. - Langsikorn. - Pflug und Pflügen. - Halmeren.  - Höhengrenzen. - Ernte. - Stadel. - Die Wanne. - Weizen. - Mühlen und Müllerei. - Backöfen. - Die Grossbohnen. - Kartoffeln. - Erbsen. - Hanf und Flachs. - Runkelrüben. - Kohl. - Luzerne.

Wenn auch das grösste Areal des landwirtschaftlich benützten Bodens an den Sonnenbergen dem Wiesenbau gewidmet ist, so nimmt das Ackerland dennoch eine ziemlich bedeutende Fläche in Anspruch. Es geht das am besten aus der Anbaustatistik vom Jahre 1919 hervor.

Der Flächeninhalt des Getreidelandes betrug:

in Zeneggen

a

in Törbel

in Emd

a

Insgesamt Getreide 1555 4174 1269
davon:
Korn (Roggen) 1028 2206 563
Weizen 11 104 112
Gerste 3 102 80

Kartoffeln wurden von allen drei Gemeinden zusammen 2851 a angebaut, Grossbohnen 405 a (davon in Törbel allein 386 a), Rüben 142 a.

Die wichtigste Rolle spielt also der Roggen. Er ist die Hauptbrotfrucht des Wallisers und wird aus diesem Grunde kurzweg «Korn» genannt, wie der Dinkel in der Nordschweiz heisst. Der Winterroggen ist von allen Getreidearten die vorzüglichste Frucht; er gibt auf passendem Boden den höchsten Ertrag an Körnern und Stroh. Der Roggen wird seit Jahrhunderten stets auf denselben Feldern gebaut. Noch heute herrscht Brachwirtschaft, wie vor 1000 Jahren. In dem auf die Kornernte folgenden Jahr wird der Boden «brach» liegen gelassen und erst im zweitfolgenden wieder genutzt. Die Kornfelder jeder Gemeinde sind in zwei annähernd gleich grosse Teile geteilt, wovon die eine Hälfte das eine Jahr Roggen trägt, die andere aber brach liegt. So wird z. B. in Zeneggen zwischen der Rieben (Fig. 50) und den Lochäckern abgewechselt. Das eine Jahr tragen die Riebenäcker Korn, das folgende die Lochäcker.

Fig. 50. Kornäcker in den Rieben in Zeneggen.

Nach der Roggenernte bleibt der Stoppeln liegen bis im Juni des folgenden Jahres; dann wird das Land «gebrachet», d.h. gepflügt; der Juni heisst deshalb auch der «Brachmonat». Kleinere Stücke werden mit der Spitzhaue von Hand umgearbeitet. Eine anstrengende Arbeit! Ein Sprichwort heisst: «Er isst wie en Hauerl» Als beste Zeitperiode zum Brachen gilt die Woche zu St. Johannes (24. Juni). Das aus den ausgefallenen Roggenkörnern hervorgegangene Getreide und die in der Stoppel entstandenen Kräuter sind dann gut entwickelt und liefern, untergepflügt, einen wertvollen Dung. Zwar wird oft schon im Mai gebrachet, weil die Maultiere später zum Teil als Saumtiere in die Fremdenorte gehen. Die Äcker, die gebrachet werden, erhalten oft 10-20 Jahre keinen Mist. Ein einziger Bauer in Zeneggen hat angefangen, den Roggen vor der Saat mit «künstlichem Mist» (Thomasmehl) zu düngen. Durch Mistdüngung kann der Ertrag quantitativ gesteigert werden, aber die Qualität des Kornes leidet darunter. Einige Wochen nach dem Brachen - in der Regel Mitte August - wird zum zweitenmal gepflügt. Man nennt dies «Triferen» «(getrifuhret», «triferet»). Später wird der Roggen gesät und entweder von Hand oder mit dem Pflug untergebracht. In Zeneggen sät man um Barthlome (24. August), in Törbel in der Frauenwoche (Maria Geburt, 8. September), in höhern Lagen früher, in tiefern später. Bei allzufrüher Saat wird das Korn im Herbst leicht zu gross und fault dann im Winter gerne aus.

Man sät ausserordentlich dicht: auf 100 Klafter (3600 Quadratfuss) 1 Fischi (10 kg), entsprechend 110 kg per Jucharte. Im benachbarten Zermatt sät man mit Vorliebe vorjährigen Samen, weil dieser besser keimt, als frischer. Bekannt ist übrigens, dass Samen von Nadelhölzern aus hohen Lagen seine volle Keimungsreife oft erst nach Jahren erlangt.

Wenn der Schnee über Winter längere Zeit auf den Roggenäckern liegen bleibt, so kommt es häufig vor, dass die Pflanzen unter der Schneedecke zugrunde gehen, wie das in dem auf der Schattseite gelegenen Grächen der Fall ist. An solchen Stellen wird dann im Frühjahr öfters Langsikorn (Sommerkorn) gesät, wozu auch Wintergetreide verwendet werden kann. Im Februar oder März wird in diesem Falle das Winterkorn in einer Kiste mit feuchter Erde dem Frost ausgesetzt und dann Ende April auf den Acker gesät; so entwickelt auch das Winterkorn im ersten Jahre Halme und Ähren. Setzt man das Winterkorn vor der Saat im Frühjahr nicht dem Frost aus, so bildet es im gleichen Jahre keine Halme und keine Ähren, sondern nur Blatttriebe und liefert keine Körner.

Im Jahre 1920 hatten die Sonnenberge eine sehr schlechte Kornernte, weil die Pflanzen über Winter zugrunde gingen. Es schneite im Winter 1919/20 ein, bevor der Boden gefroren war, weshalb das Korn ausfaulte.

Fig. 51. Ein Pflug.

Zum Pflügen dient ein von den Bauern selbst verfertigtes, hölzernes Gerät (Fig. 51). Einzig die auf dem Pflugkopf aufgesetzte Schar («Wägisse») ist aus Eisen. Der ganze Pflug wird bei der Pflugfahrt einfach mit dem Pfluggeschirr dem Maultier oder dem Stier auf den Rücken gebunden (Vgl. Ob den Heidenreben, S. 56.) und so auf das Feld transportiert. Als Bespannung dient nur ein Zugtier (Fig. 52), da kaum 10 cm tief gepflügt wird. Der Pflug ist eine Art Hacke mit zwei hölzernen Pflugbrettern («Riesterbrittern,). Das Erdreich kann mit demselben nicht eigentlich gewendet werden, wie das bei guten Pflügen der Fall ist, sondern es wird mehr nur aufgewühlt. Da die Äcker jedoch fast alle haldig gelegen sind, so neigt der Ackerer den Pflug stets etwas auf die untere Seite; so wendet sich das aufgewühlte Erdreich infolge der eigenen Schwere teilweise von selbst.

Fig. 52. Pflügen.

Um das Abrutschen der Erde über den untern Ackerrand zu verhüten, wird vor dem Brachen die Erde der untersten  Furche auf den obern Rand des Ackers getragen. An steilen Halden sind die einzelnen Äcker durch Stützmauern terrassenartig . angelegt. So sieht man oft zahlreiche Ackerterrassen übereinander liegen (Fig. 50).

In tiefern Lagen und auf gutem Boden wird das Land nicht gebrachet, sondern der Boden wird Jahr für Jahr mit Roggen bebaut. Man bezeichnet dies als «Halmeren». Bei dieser Methode ist jedoch die Gefahr vorhanden, dass das Korn verunkrautet und dann weniger Ertrag gibt als beim Brachen. Man hat doppelte Arbeit und bekommt doch nicht grössern Ertrag als bei der Brachmethode. In der Tat wird nur in tiefern Lagen «gehalmeret». Das ausgedehnte Ackerfeld in den Langenfurren in Visperterminen wird z. B. ausschliesslich gebrachet, nur unten in den drei Stalden wird «gehalmeret». Das lästigste Unkraut der Getreideäcker sind die «Grammen» (Quecken), die sehr schwer zuvertilgen sind. Man erzählt, dass die Wurzelausläufer derselben so zählebig seien, dass sie noch ausschlagen, wenn sie sieben Jahre auf einer «Rischenen» (Steinhaufen) gelegen haben.

In tiefern und sonnigen Lagen ist das Korn schon Mitte Juni reif, dann folgen von Stufe zu Stufe die höhern Äcker, bis im August die höchsten Lagen an die Reihe kommen. Im Jahre 1921 wurden beispielsweise im Gspon (Staldenried) bei 1800 m die obersten Roggenäcker erst am 13. August abgeerntet, die untersten Äcker der Gemeinde aber zwei Monate früher. Die Roggenkultur steigt auf den Sonnenbergen mit den Kartoffeln, den Grossbohnen und den Weissrüben bis auf 1800 m. Oberhalb Zen Springen über 1800 m ü. M. stand noch vor wenig Jahren ein Stadel zur Bergung des in den dortigen Äckern geernteten Kornes. Infolge der Ziegenweide im Frühjahr musste die Getreidekultur daselbst aufgegeben werden.

Das beste Korn weit und breit wächst in Zeneggen; die Körner sind braungelb gefärbt, fast wie Weizen; während jene der Rarner Schattenberge dunkel sind. In Törbel wächst das schönste Korn in dem Ackerfeld, das im «halben Tag» heisst. Das geringste liefern die fetten Acker der «Halmeren» unter dem Dorf.

Fig. 53. Kornschneiden in Zeneggen.

Der Same des Gebirgsroggens sitzt nicht so fest in den Ähren, wie beim Roggen der Ebene. Die Körner fallen bei jenem deshalb leicht aus, wenn sie vollreif und trocken sind, wodurch ein bedeutender Verlust entstehen kann. Um diesen zu verhüten, wird das Korn in den frühesten Morgenstunden, oft schon um drei Uhr des Morgens mit der Sichel geschnitten (Fig.53). Das abgeschnittene Getreide wird mit einigen Halmen in kleine Garben («Gofen») gebunden und diese, die Ähren nach oben, scheerenförmig in «Trätschen» (Flechten) zum Trocknen übereinandergelegt (Fig. 54). Sind die Gofen genügend trocken, so werden sie in Tüchern in die Stadel getragen, wo die Körner im Tenn durch Anschlagen an die Tennwand oberflächlich ausgeklopft werden. Hernach kommen die Garben nebenan in die einzelnen Fächer.

Fig. 54. Schnitterin mit Trätschen.

Erst im Herbst oder Anfang Winter werden die Körner vollends mit dem Flegel ausgedroschen. Die Getreidescheunen, Stadel geheissen (Fig. 55), stehen in der Regel auf Säulen (Stadelbeine), über welchen runde, mühlsteinartige Steinplatten (Schitplatten) ruhen, die den Zweck haben, die Mäuse abzuhalten. Die Stadelbeine sind glatt gehobelt; so haben die Mäuse keinen Halt. In der Mitte des Stadels befindet sich in der Regel das Tenn («s'Te») und links und rechts daneben der Lagerraum für die Garben. An einem Stadel haben meist mehrere Eigentümer Anteil. Die beiden Getreideablagen «(Chambre») sind durch senkrechte Stangen («Chammerbäume») in einzelne Fächer geteilt. Die Grösse der Fächer, d. h. das Eigentumsrecht, richtet sich nach der Grösse (Zahl der Fischi) des Kornfeldes. So haben oft 10-12 oder mehr Besitzer eines Kornfeldes Anteil an einem Stadel. Es gibt Bauern, die in 6-8 Stadeln Anrecht haben. Bei kleinen Kornfeldern sind in der Regel kleinere, bei grössern grössere Stadel. Am grössten sind die sogenannten «Zehntenstadel», das sind die Stadel, wo ehedem das Zehntenkorn eingelagert wurde. Neben der Kapelle in Zenblatten in Törbel stand ein «Giltstadel», wo die Korngilt (Kornzins) der benachbarten Kornäcker eingelagert wurde. In den Burgenäckern steht der «Lehmannige» Stadel, der seinerzeit dem Besitzer des Lehens diente. So hat fast jeder Stadel seinen Namen. In den Kornfeldern, wo Brachwirtschaft herrscht, ist der Stadel nur in dem Jahre der Kornnutzung im Gebrauch, im Brachjahr steht er leer.

Fig. 55. s'Chlei Stadelti In Törbel.

Nach dem Dreschen wird das Korn mit der «Wanne» (Windfege) (Fig. 56) so gut als möglich gereinigt. Mehrere Familien besitzen durch Vererbung meist gemeinsam eine solche Wanne, die gewöhnlich in der «Wannechambre» auf der Vorlaube der Speicher aufgestellt ist. Häufig sieht man Wannen, die das respektable Alter von 100 und mehr Jahren besitzen. Joseph Pfammatter in Zeneggen hat eine solche mit der Jahrzahl 1745.

Fig. 56. Eine Wanne.

Das Korn bildet die Brotfrucht. Das Stroh dient im Winter, kurz geschnitten, teilweise als Viehfutter oder als Einstreu für das Vieh oder zu Bettstroh für die Menschen. Zur Herstellung von «mutzem» Brot und von Mehlspeisen wird hie und da etwas Weizen gebaut. Die Spelzen («Chlewen») werden als Füllmaterial zu Kopfkissen («Hoitkisseni») für Betten verwendet. Meist wird Winterweizen, seltener Sommerweizen, gebaut. In Törbel ist der Anbau des Weizens in der Nähe des Dorfes unmöglich, weil die Spatzen die Körner noch vor der Reife samt und sonders wegfressen.

In jeder Gemeinde befindet sich eine oder mehrere, oft recht malerisch gelegene Mühlen (Fig. 57) wo das geerntete Korn vermahlen wird. Früher, als der Getreidebau noch eine grössere Ausdehnung hatte, waren sie viel zahlreicher und an mehreren Orten stösst man auf Überreste einer zerfallenen Mühle. Törbel besass deren acht, heute sind es noch fünf, und auch von diesen sind nur vier im Betrieb und haben wenig Arbeit. Bei dem Aufschwung der Viehwirtschaft vor Jahrzehnten ist viel Ackerland in Wiesland umgewandelt worden, namentlich dort, wo die Bewässerung möglich war, in Törbel z. B. in der «Feldhalmeren», in Zeneggen im Sisetsch. Zudem ist manches Grundstück heute unbebaut, das früher Getreide trug, weil sich die Kultur nicht mehr lohnt oder durch die allgemeine Ziegenweide gefährdet war. So waren die Äcker auf der «rissigen Flue» in Törbel früher mit Korn bebaut, heute sind es «Wildenen».

Fig. 57. Mühlen am Törblerbach.

Die Mühlen sind meistens sogenannte «Stockmühlen» mit turbinenartigem, horizontalem Wasserrad. Das Wasser wird vom Bach durch den «Spikäiinel» (Fig. 58), ein etwa 8-10 m langes, steiles, nich unten sich verengendes hölzernes Rohr, mit 3-4 m Druck seitlich auf die hölzernen Schaufeln des horizontalen Wasserrades (Fig. 59) - den Vorläufer der modernen Turbinen - geleitet, wodurch der senkrechte Wendelbaum gedreht wird. Dieser geht durch den Mühlenboden und den festen Bodenstein der Mühle und dreht oben den «Läufer» (den obern Mühlstein). Als Mahlsteine werden Geissberger (Granit)- verwendet, die in der Gegend als erratische Blöcke vorkommen.

Fig. 58. Mühle mit Druckrohr (Spikännel).

Die Konstruktion der Stockmühlen ist denkbar einfach und der Gang derselben ist ausserordentlich ruhig, viel ruhiger als bei den sogenannten «Kammühlen» mit einem senkrechten Wasserrad und daran angeschlo'ssener Räderübertragung. Die letztern sind in Törbel alle in Stockmühlen umgewandelt worden. Reinigungsvorrichtungen sind in den Mühlen keine vorhanden, das Korn wird einfach in dem Reinigungszustand vermahlen, wie es der Bauer bringt. Zur Brotbereitung wird die Kleie beim Mahlen nicht ausgeschieden, sondern bleibt im Mehl und wird mit diesem verbacken. Das Brot ist deshalb dunkel (ruch), aber schmackhaft und hält sich lange frisch. Es wird oft monatelang aufbewahrt, wird dann aber hart und erfordert gute Zähne. Die Bergbewohner sind aber daran gewöhnt.

Fig. 59. Wasserrad.

Der Müller nimmt den Lohn für das Mahlen in natura, in der Regel auf jedes Fischi ein kleines, löffelartiges Lohngschirrli (Immi) voll (Fig. 60). Beim Weizen wird in der Mühle zur Herstellung von Weissmehl durch Vorsetzen eines Wollbeutels oder eines Seidensiebes die Kleie ausgeschieden.

Fig. 60. Inneres einer Mühle, vorn ein Mehlfass mit dem Lohngschirrli.

In jeder Gemeinde befindet sich in der Regel ein der Gemeinde oder mehreren Geteilen gehörender Backofen. Eine «Offna» (ein Backofen voll) gibt in Törbel 50-53 Brote von je etwa 13/2 kg. Das Backen wird meist vom gleichen «Pfister» (Bäcker) besorgt gegen eine Entschädigung von Fr. 2. 50 für eine Offna. Die Kunden haben aber das Holz und das Salz zu liefern.

Einzelne Müller sind zugleich auch Bäcker und besorgen neben dem Mahlen auch das Backen. Die Bauern bringen dann einfach das Korn in die Mühle und holen später das aus diesem hergestellte Brot ab. 7 Fischi Korn geben das Mehl für eine Offna Brot. Einzelne Bauern besorgen das Backen selbst.

Viel gebaut werden die Grossbohnen (Puff-, Sau- oder Pferdebohnen, Vicia Faba). Sie werden zeitig im Frühjahr gesät. Ein Sprichwort heisst: «Im Aprillen gesät, gibt es Bohnen, im Mai gesät gibt es Bohneni». Sie reifen im August. Im Juni werden sie «gebrachet» (behackt). In der Blüte sind die Pflanzen gegen das Brachen empfindlich und vertragen die Arbeit nicht. Ein blühender Grossbohnenacker verbreitet weithin einen herrlichen, süsslichen Geruch. Damit die Bohnen rascher reifen, werden die Pflanzen kurze Zeit vor der Ernte entgipfelt, eine Arbeit, die man als «Loiben» (Lauben) bezeichnet. Die abgeschnittenen Gipfeltriebe werden als Futter benutzt. Die Stengel lässt man mit den Hülsen noch 8-14 Tage stehen; dann werden sie «geschreckt», d. h. ausgerupft und zum Dörren auf den Vorlauben der Speicher nach Hause genommen. Später werden die dürren Bohnen ausgeklopft und hauptsächlich als Futter für Schweine benützt. Die harten, dürren Stengel dienen im Winter als Schaffutter. Die grünen Bohnen geben, geschwellt, eine leckere Speise. Manches Sprichwort und manche Redensart weist auf die hohe Bedeutung der Grossbohnen hin.

«Hätt i das eahner gwüsst,

Dass mi Schatz Bohne-n-isst,

So hätt i die ganze Nacht, Bohne-n-usgmacht.»

Wenn die Grossbohnen schon im August geerntet werden, so kann man als Nachfrucht noch Winterroggen folgen lassen. Die Bohnen sind eine gute Vorfrucht für das Korn.

Eine Birchner Familie heisst scherzweise die «Grossbohnenspalter». Der Name hat in folgender Begebenheit seine Ursache: Der verstorbene Pfarrer Studer von Unterbäch begegnete einmal der Frau dieser Familie und erkundigte sich unter anderm auch nach dem Ertrag der Grossbohnen. Diese sagte, sie könne nicht rühmen, man bekomme kaum den Samen zurück. «Ihr mient d'Bohne spalte, da händ er scho d'Hälfte zarruck», sagte der Pfarrherr spasshaft. «Ja, machet Ihr's so? Wenn eppes erfunde chunt, so wüsses z'Unterbäch immer zerscht, wie wo andersch.»

Neben den Grossbohnen werden häufig die Erbsen («Erbis») gebaut. Die wichtigste Kulturpflanze ist aber, ausser dem Korn, die Kartoffel, die an den sonnigen, trockenen Halden vorzüglich gedeiht und sehr schmackhaft wird. , In Törbel wird die Kartoffel noch auf den Voralpen «Auf der Batt» und im «Bifig» bei 1900 in gebaut, und es werden dort noch Knollen von Faustgrösse geerntet. Die Pflanzung der Kartoffeln geschieht sehr dicht und regellos. Sie werden gejätet («triferet»), aber nicht gehäufelt. Sehr dankbar sind sie für die Bewässerung, wenn sie einigermassen ins Kraut geschossen sind. Wie das Korn, so werden auch die Kartoffeln Jahr für Jahr auf denselben Äckern gebaut, ohne dass man beobachten konnte, dass sie weniger gut gedeihen. So liegen in Törbel am Wege nach Emd etwa ein Dutzend durch Mauern gestützte Ackerterrassen, die «Lauiäcker», übereinander, die seit Menschengedenken Jahr für Jahr mit Kartoffeln bebaut werden. Zwar würde auch das Korn daselbst gedeihen; da die Ziegen aber im Spätherbst und im Frühjahr hier ihr Weidegebiet haben, so wäre das Getreide gefährdet.

Früher spielten auch die Gespinstpflanzen, der Hanf und der Flachs, eine bedeutende Rolle. Im «Mischi» am Wege in die Hellelen, war vor 40-50 Jahren ein Acker neben dem andern mit Hanf oder Flachs bebaut. Nebenan in den sumpfigen Wiesen sieht man heute noch die Gruben, in denen die Stengel im Wasser «geröstet» wurden. Die Baumwolle hat jedoch diesen Gespinstpflanzen vollständig den Garaus gemacht, und die «Werehrätschen», womit die trockenen Stengel entfasert wurden, stehen heute unbenutzt und staubbedeckt in den Scheunen. Auch die Bleijiriben (Fig. 87), wo die Fasern vor dem Hecheln und Spinnen «gerieben» wurden, sind heute unbenutzt.

In den Gärten, in der Nähe der Häuser, wird die Runkelrübe, hier «Bondas» genannt, häufig als Schweinefutter gebaut. Die Setzlinge werden Anfang Juni an Ort und Stelle gepflanzt und in der ersten Zeit mit rührender Sorgfalt gepflegt. Da die Setzlinge bei trockenem, heissem Wetter welken, so werden sie jeweilen am Abend einzeln mit der Kelle begossen, bis sie angewachsen sind. Manche Pflanze stirbt indessen ab und muss durch eine neue ersetzt werden.

Neben der Runkelrübe findet man da und dort die Kohlrübe und häufig den Kopfkohl. Aber auch bis hier hinauf dringt der Kohlweissling und übt durch seine Raupen das Verheerungswerk. Die Pflanzen werden meist von Stalden heraufgebracht, welches das ganze Matter- und das Saastal mit Setzlingen von Rüben und Kohl versorgt und dafür Hunderte von Franken einnimmt.

In den trockenen Äckern in tiefern Lagen sieht man ab und zu die Luzerne, hier «Stengelklee» genannt. Das grösste Areal des landwirtschaftlich benützten Bodens ist jedoch den Wiesen zugeteilt. Wo dieselben bewässert werden können, geben sie einen reichlichen Ertrag eines vorzüglichen Futters.


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